Illegale Graffiti - Kunst oder Schmiererei?Illegale Graffiti - Kunst oder Schmiererei?

Kunst oder Schmiererei

Was kommt auf Dich zu, wenn Du Mauern, Wände, Hausfassaden, Busse, Züge etc. besprühst? Macht es einen Unterschied, ob Du Deine Arbeit als Kunstwerk siehst oder ist das völlig egal? Es ist egal, wie Du Dein art work einstufst. Selbst dem berühmten Renaissance-Künstler Michelangelo war es nicht erlaubt, ohne Auftrag Kirchenwände zu bemalen. Auch Du möchtest nicht, dass irgendein selbsternannter Künstler ungefragt Dein Fahrrad umlackiert, weil er es so schöner findet. Entscheidend ist: Hast Du die Erlaubnis, eine Sache zu besprühen oder nicht?

Illegal gesprayt und erwischt? Da ist Stress angesagt...
... mit Deinen Eltern, die Dich bei der Polizei abholen.
... mit den Geschädigten, die von Dir das Geld für die Schäden einfordern.
... mit der Polizei, die Dein Zimmer morgens um 06:00 Uhr durchsucht.
... mit der Staatsanwaltschaft, die gegen Dich ermittelt.
... mit dem Jugendrichter, der Dich wegen Sachbeschädigung verurteilt.

Strafmündigkeit und Schadensersatzpflicht bei Jugendlichen

Bis zum 14. Lebensjahr gelten Kinder zwar als strafunmündig, aber bereits ab dem 7. Lebensjahr sind sie zivilrechtlich schadensersatzpflichtig. Jugendliche ab 14 Jahren werden strafrechtlich verfolgt.
Wer mit 16 Jahren beim illegalen Sprayen erwischt wird, läuft Gefahr, bis zu seinem 46. Lebensjahr dafür zur Kasse gebeten zu werden. Denn die zivilrechtlichen Ansprüche des Geschädigten gelten 30 Jahre gegenüber dem Täter.


Illegale Graffiti sind teuerIllegale Graffiti sind teuer

Arten des Graffiti

Nach der Verurteilung wegen Sachbeschädigung kommen auf einen illegalen Sprayer noch die Schadensersatzforderungen der Geschädigten zu. Die Kosten für die Beseitigung illegaler Graffiti sind sehr unterschiedlich und abhängig von der Größe und dem Untergrund. Hier einige Beispiele:

Ein illegales Tag (50x50 cm)
Kick: etwa 3 Sekunden - im Vorbeigehen. Entfernung mit speziellen Reinigungsmaschinen.
Kosten für den Sprayer: ca. 180 ,- €

Ein illegales Piece (3x1 m)
Kick: etwa 5 Minuten. Entfernung mit speziellen Reinigungsmaschinen.
Kosten für den Sprayer: ca. 750 ,- €

Ein Scratching in der Bahn oder im Bus
Kick: etwa 30 Sekunden. Auswechseln der Glasscheibe.
Kosten für den Verursacher: ca. 1300 ,- €

Ein illegales Tag, ein illegales Peace und ein Scratching ergeben einen Gesamtschaden von ca. 2230 ,- €. Rechne Dir einmal aus, was Du dafür kaufen könntest: Deine erste Wohnung, ein erstes Auto oder ein Urlaub mit Deiner Freundin rücken in weite Ferne, wenn Du die Schäden zahlen musst.


Polizeiliche MaßnahmenPolizeiliche Maßnahmen

Wenn Du beim illegalen Sprayen oder Scratchen erwischt wirst oder im Nachhinein ermittelt wirst, musst Du mit einer Reihe von polizeilichen Maßnahmen rechnen. Auch wenn Du bei einem Graffiti nur Schmiere stehst, kannst Du Dich strafbar machen. Diese Maßnahmen können von Polizeibeamten gegen Tatverdächtige durchgeführt werden:

- Identitätsfeststellung
- Vorläufige Festnahme
- Durchsuchung der Person
- Durchsuchung der Wohnung
- Beschlagnahme von Beweismitteln
- Beschlagnahme von Einziehungsgegenständen
- Vernehmung
- Erkennungsdienstliche Behandlung

Das Ziel der Ermittlungen ist nicht nur der Tatnachweis. Die Polizei prüft auch die Möglichkeiten, die Strafe abzuwenden oder zu mildern. Gesetzlich festgeschrieben ist der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) bzw. die Schadenswiedergutmachung. Insbesondere im Jugendstrafrecht gilt das Prinzip: Erziehung statt Bestrafung.

Täterschaft und Teilnahme
§ 25 StGB: Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht (Täterschaft). Begehen mehrere die Tat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).
§ 27 StGB: Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat (Beihilfe). Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafandrohung für den Täter.

Wenn Du illegal sprüht, begehst Du eine Sachbeschädigung. Sprühst Du mit einer Crew, wird jeder Sprayer wie ein einzeln handelnder Täter bestraft. Auch wenn Du nur Schmiere stehst, beim Klettern auf Gebäude oder Mauern hilfst oder die Sachbeschädigung erst ermöglichst, machst Du Dich im Sinne der Beihilfe strafbar.


Personalausweis

Identitätsfeststellung
§ 163b StPO: Ist jemand einer Straftat verdächtig, können Staatsanwaltschaft und Polizei zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen treffen. Sofern dies zur Aufklärung einer Straftat geboten ist, kann auch die Identität einer Person festgestellt werden, die einer Straftat nicht verdächtig ist. Personalien im Sinne des Gesetzes sind u.a. der Vor- und Nachname, Geburtsdatum und -ort sowie Wohnanschrift mit Ort und Straße. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es erforderlich, die Verdächtigten zur Polizeidienststelle mitzunehmen und dort festzuhalten bis die Person identifiziert ist.

Vorläufige Festnahme
§ 127 StPO: Wer auf frischer Tat ertappt wird oder der Flucht verdächtig ist, kann sowohl von der Polizei als auch von Privatpersonen festgehalten bzw. ohne richterliche Anordnung vorläufig festgenommen werden bis seine Identität festgestellt werden kann (vorläufige Festnahme). Die Feststellung der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes wird durch § 163b Abs. 1 StPO geregelt. Sollten zusätzlich Gründe für einen Haftbefehl vorliegen, kann die freiheitsentziehende Maßnahme über den Zeitpunkt der Identitätsfeststellung hinaus Aufrecht erhalten werden.

Durchsuchung der Verdächtigen
§ 102 StPO: Täter oder Teilnehmer einer Straftat, die sich der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig machen, müssen mit einer Durchsuchung der Wohnung sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen rechnen. Dies geschieht zum Zweck seiner Ergreifung sowie bei Verdacht, dass durch die Durchsuchung Beweismittel aufgefunden werden.
§ 103 StPO: Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände zulässig. Aber nur dann, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache, sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet.


Sprühdosen

Beschlagnahme von Beweismitteln
§ 94 StPO: Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder auf andere Weise sicherzustellen. Befinden sich die Gegenstände in Gewahrsam einer Person und werden nicht freiwillig herausgegeben, bedarf es der Beschlagnahmung. Dies gilt auch für Führerscheine. Die Gegenstände werden solange amtlich verwahrt, bis das Strafverfahren abgeschlossen ist. Ob die Gegenstände anschließend an den Besitzer herausgegeben werden, wird gesondert geprüft.

Beschlagnahme von Einziehungsgegenständen
§ 74 StGB: Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden.
§ 74 e StGB: Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. Somit unterliegen die benutzten Sachen der Einziehung und werden nach der Beschlagnahme unter bestimmten Voraussetzungen nicht wieder herausgegeben und vernichtet.

Erste Vernehmung
§ 136 StPO: Dem Beschuldigten steht es nach dem Gesetz frei, sich zu seiner Beschuldigung zu äußern bzw. seine Aussage zu verweigern. Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen. Manchmal ist es allerdings besser, die Tat zuzugeben, da schon im Vorfeld eine außergerichtliche Wiedergutmachung des Schadens möglich ist. In der Regel begünstigt ein Geständnis die Einstellung des Strafverfahrens.

Erkennungsdienstliche Behandlung
§ 81 b StPO: Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen (Körpermaße und -eigenschaften, individuelle Erkennungsmerkmale, DNA-Proben, etc.) an ihm vorgenommen werden. Diese dienen zum einen der Beweisführung in einem laufenden Strafverfahren, zum anderen der Beweisführung oder Vorbeugung in zukünftigen Strafverfahren.
§ 14 PolG: Die Polizei kann erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn dies zur vorbeugenden Bekämpfung der Straftat erforderlich ist. Dies ist legitim, da der Beschuldigte verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist und die Gefahr der Wiederholung besteht.


Erwischt - und dann?Erwischt - und dann?

Wenn Du beim illegalen Sprayen erwischt wirst, solltest Du folgende Hinweise beachten:  
1. Sprich mit Deinen Eltern: Gemeinsam könnt Ihr einen Lösungsweg finden. Zeige Deinen Eltern diese Internetseite - sie finden hier gezielte Tipps.
2. Lass Dich beim Jugendamt beraten: Mit den Sozialarbeitern kannst Du alles besprechen und gemeinsam einen Lösungsweg suchen. Dieses Angebot kannst Du mit oder ohne Deine Eltern nutzen!
3. Lass Dich von einem Rechtsanwalt beraten. Allerdings fallen hier zusätzliche Kosten an.
4. Überlege Dir, ob Du mit einer Schadensersatzwiedergutmachung (Täter-Opfer-Ausgleich) eine strafrechtliche Verurteilung verhindern und hohe Schadensersatzforderungen minimieren kannst. Hierbei müssen alle Parteien zustimmen und Du musst rechtzeitig aktiv mitwirken.

Kostenlose Rechtsberatung im Jugendzentrum Efzet

Sollten Bad Vilbeler Jugendliche Probleme bekommen, können sie im Jugendzentrum Efzet eine kostenlose Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Drei ehrenamtliche Anwälte stehen den Jugendlichen ehrenamtlich zur Verfügung. Es gibt neben dem illegalen Sprayen noch weitere Möglichkeiten, sich Ärger einzuhandeln. Um Ärger zu vermeiden, vermitteln die städtischen Jugendzentren und Jugendclubs eine kostenlose Rechtsberatung. Die Bad Vilbeler Rechtsanwälte Jürgen Wiegand (Strafrecht), Uwe Schang (Zivilrecht) und Stefan Fink (öffentliches Recht) stehen den Jugendlichen beratend zur Seiten, Efzet-Leiter Thomas Kahler stellt den Kontakt her und vermittelt.

Strafverfahren
Illegale Graffiti können vom Geschädigten zur Anzeige gebracht werden. Die Tat wird von Polizei und Staatsanwaltschaft als Sachbeschädigung verfolgt:
§ 303 StGB: Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder eine Sache unbefugt, nicht nur unerhebliche und vorübergehend im Erscheinungsbild verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar. Die unbefugte Veränderung des Erscheinungsbildes liegt grundsätzlich bei unerlaubten Graffiti auf Hauswänden und Eisenbahnzügen vor. Die Ahndung kann unterschiedlich ausfallen und reicht von Freiheitsentzug über Geldstrafe bis zu Arbeits-/Beseitigungsauflagen.

Hast Du Dich dem Geschädigten verpflichtet, den Schaden wiedergutzumachen, kann das Verfahren auch eingestellt werden (siehe Täter-Opfer-Ausgleich).

Hausfriedensbruch
§ 123 StGB: Betreten eines fremdes Grundstücks ohne Befugnis. Neben der Sachbeschädigung wird von Sprayern häufig auch Hausfriedensbruch begangen, insbesondere beim Betreten von Bahnanlagen. Auch darauf kann eine strafrechtliche Verurteilung gestützt werden.

Erziehungs- oder Strafregister
Zusätzlich kann es zu einem Eintrag ins Erziehungs- oder Strafregister kommen, was Dir meist erst bei Beantragung eines Führungszeugnisses bekannt wird.

Führerscheinentzug

Wenn Du mit einem Kraftfahrzeug zum Tatort fährst, muss Du sogar mit dem Führerscheinentzug rechnen, da Du das Fahrzeug als Tatmittel benutzt.


TOA

Täter-Opfer-Ausgleich (TOA)
Der Täter-Opfer-Ausgleich ist eine gute Möglichkeit zur außergerichtlichen Konfliktregelung. Mit Unterstützung eines unparteiischen Vermittlers können die Beteiligten die Ursachen, Hintergründe und Folgen der Tat besprechen und eine Schadensregulierung bzw. Wiedergutmachung aushandeln. Der Ausgleich ist zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens möglich, also direkt nach einer Anzeige, wenn das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist, vor einer Anklage oder wenn bereits Anklage erhoben ist oder gegebenenfalls auch nach einer Gerichtsverhandlung. Die Teilnahme ist für alle Beteiligten - die Beschuldigten wie die Geschädigten - freiwillig und kostenlos. Eine wichtige Voraussetzung ist die Geständigkeit der Beschuldigten. Für die Unterstützung mittelloser Beschuldigter stehen in vielen Städten ein Opferfond zur Verfügung.
Nutze diese Möglichkeit und vermeide damit viel Ärger und teure Gerichtskosten!

Alle Beteiligten können einen TOA anregen:
- Beschuldigten und Geschädigten
- Polizei, Staatsanwaltschaft oder das Gericht
- Jugendgerichtshilfe, Rechtsanwälte oder Bewährungshilfe

Als Beschuldigte/r oder Geschädigte/r kannst Du bei einem TOA...
... in entspannter Atmosphäre mit einem neutralen Vermittler über die illegalen Graffiti und ihre Folgen, also über den entstandenen Konflikt sprechen.
... die andere Partei auf Wunsch auf "neutralem Boden" treffen.
... gemeinsam eine Lösung des Konflikts suchen.
... eine Wiedergutmachung finden, mit der beide Seiten einverstanden sind.

Wie verläuft ein Täter-Opfer-Ausgleich?
Die Vermittlungsstelle erhält den Auftrag, einen TOA durchzuführen. Ein/e Vermittler/-n führt getrennte Einzelgespräche mit Beschuldigten und Geschädigten, um ihre Sicht der Tat nachzuvollziehen, ihre Vorschläge zur Wiedergutmachung zu klären und sie auf das mögliche Ausgleichsgespräch vorzubereiten. Wenn die Konfliktbeteiligten zu einer persönlichen Begegnung bereit sind, findet ein gemeinsames Ausgleichsgespräch im Beisein der Vermittler statt. Es werden Hintergründe und Folgen der Tat besprochen und es kann eine Wiedergutmachung vereinbart werden. Wenn ein Ausgleichsgespräch nicht gewünscht wird, kann auch eine Schadensregulierung über die Vermittler in Einzelgesprächen erfolgen. Dabei kontrollieren die Vermittler die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen. Die Vermittlungsstelle informiert die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht über das Ergebnis der Ausgleichsbemühungen.


Schadensregulierung bzw. Wiedergutmachung
Die Geschädigten und Beschuldigten handeln gemeinsam eine Wiedergutmachung aus, die in Form einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten wird. Entscheidend ist hierbei die Zufriedenheit beider Seiten.

Wie könnte eine Schadenswiedergutmachung aussehen?
- Geschädigte nehmen eine persönliche Entschuldigung der Beschuldigten an.
- Die Beteiligten einigen sich auf eine symbolische Wiedergutmachung, (Geschenk, Arbeitsleistung, etc.)
- Durch Eigenleistung des Beschuldigten (Reinigung oder Überstreichen der Fläche) wird die Angelegenheit in Ordnung gebracht.
- Durch Mithilfe oder unter fachlicher Anleitung (beim Streichen oder Reinigen) kann der Jugendliche den Schaden beheben.

- Durch Zahlung der Reinigungskosten, die dem Hausbesitzer für die Beseitigung der Graffiti entstanden sind. Beteiligte einigen sich auf eine teilweise oder komplette Übernahme der Reinigungskosten. Dabei ist es möglich, dass sich die Beteiligten auf Ratenzahlungen einigen.


Gefahren auf BahnanlagenGefahren auf Bahnanlagen

Schienen

Das Sprühen auf Eisenbahnanlagen ist besonders riskant. Hier kommt es immer wieder zu schweren Unfällen, vor allem, weil im Schienenverkehr andere Regeln gelten, als im Straßenverkehr. Die Annahme, dass der Schienenverkehr dem Straßenverkehr ähnelt, ist grundsätzlich falsch.

1. Die Oberleitung der Bahn steht unter Spannung von 15 000 Volt. Bei einer Annäherung von wenigen Metern kann der Strom überspringen. Auch wenn Gegenstände berührt werden, die Kontakt zur Oberleitung haben, kann der Strom übergeleitet werden. Derartige Unfälle enden in der Regel tödlich.
2. Züge fahren auf zweigleisigen Strecken nicht unbedingt auf der rechten Seite, wie im Straßenverkehr. Man nennt das Gleiswechselbetrieb.
3. Durch unübersichtliche Weichenführungen ist der Fahrweg eines Zuges nicht einzuschätzen. Insbesondere auf Rangierbahnhöfen werden Waggons auch Nachts häufig ohne Licht bewegt.
4. Durch starken Wind oder durch eine Schneedecke auf den Gleisen werden Fahrgeräusche gedämmt und Züge erst in letzter Sekunde wahrgenommen.
5. Schienen und Eisenbahnschwellen sind zum Teil äußerst rutschig und werden zur gefährlichen Stolperfalle. Wer mit dem Kopf auf eine Schiene schlägt, kann nicht nur verletzt werden, sondern auch das Bewusstsein verlieren.
6. Der Lokführer kann nicht ausweichen.
7. Der Sog eines vorbeifahrenden Zuges kann Personen unter den Zug reißen. Dies gilt insbesondere im Tunnel.
8. Eine Weiche wird bei der Umstellung einen darin befindlichen Fuß zerquetschen.
9. Wer die Sicherheitsabstände bei abgestellten Zügen nicht kennt, läuft Gefahr, durch Rangierbewegungen von einem Wagen erfasst zu werden.
10. Der Bremsweg eines Zuges, der 100 km/h fährt, kann bis zu 1000 m betragen. Selbst wenn der Lokführer eine Person in mehreren hundert Meter auf den Gleisen erkennt, kann der Zug nicht mehr rechtszeitig abgebremst werden. Das kann zur tückischen Falle für jeden werden, der stürzt oder die Annäherung des Zuges nicht rechtzeitig bemerkt.
11. In verschiedenen Städten wird der Strom über eine Stromschiene geführt, die sich am Boden unmittelbar am Gleisbett befindet. Die Stromabnehmer am Eisenbahnwaggon befinden sich auf Kniehöhe und können bei Berührung lebensgefährliche Restspannungen übertragen.
Aufgrund der Gefahren ist das Betreten von Bahnanlagen für Unbefugte nicht gestattet und ist je nach den örtlichen Umständen strafbar oder stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.

Wichtiger Hinweis: Zitate von Gesetzestexten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden nur wesentliche bzw. für diesen Zweck wesentliche Inhalte zitiert. Sie dienen nur der oberflächlichen Erklärung von Gesetzestexten, sind frei formuliert und keinesfalls dazu geeignet als rechtliche Beratung verwendet zu werden.